UNBESCHULBAR? ENDSPURT FÜR EIN EXPERIMENT

von | 09.05.2012

Ensemble »Die Unbeschulbaren« (Foto: M. Korbel)

Was passiert, wenn »schwierige« Schüler und Theaterschaffende aufeinandertreffen? Am Do. 10.5.12 feiern »Die Unbeschulbaren« mit Schülerinnen und Schülern der Schule für Erziehungshilfe »Schub(S)« im Werkraum Premiere. In der Schlusskurve der Probezeit sprachen wir mit ihrem Lehrer Martin Truckses und Regisseur Christoph Frick.

Herr Truckses, wie wirkt das Theater auf Ihre Schüler?
Martin Truckses: Bestärkend. Es richtet sie auf, dadurch, dass Christoph Frick sie wahrnimmt wie sie sind, um daraus etwas Kreatives zu schaffen. Mit der Zeit merken sie, dass es positiv für sie ist, dass sie hier die Chance haben, sich zu präsentieren.

Würden Sie wieder an einem gemeinsamen Projekt teilnehmen?
MT: Auf jeden Fall. Die Schüler haben unheimlich viel gelernt, was sie später bei Bewerbungen brauchen können, zum Beispiel die Selbstpräsentation. Sie haben gelernt, sich vor die Leute zu stellen, eine andere Haltung anzunehmen und – zum Teil in Einzelarbeit mit den beteiligten Schauspielern – eine andere Sprache zu finden.

Wie reagierten die Jugendlichen darauf, nicht mit Pädagogen zu tun zu haben, sondern mit Profis vom Theater?
MT: Das ist ein großer Unterschied. Wir Pädagogen spüren ja alle Schwingungen, geben immer wieder nach und dem Schüler eine neue Chance. Die Schauspieler haben ganz andere Grenzen – da kam es auch zu Krach. Das ist authentisch. Für die Schüler ist das gut, denn sie merken, wie sie bei anderen rüberkommen. Auf der anderen Seite motiviert sie das Aufeinandertreffen: Sie wollen zeigen, was sie draufhaben auf der Bühne.

Was können Theater-Profis von Schülern lernen?
Christoph Frick: Vor allem Geduld. Zunächst denkt man ja, das Problem liegt bei den anderen, also bei den Schülern. Später stellt man fest – sie sind ein perfekter Spiegel eigener Verhaltensweisen. Wie in anderen Theaterprojekten übrigens auch.

Gab es für Sie ein Highlight?
CF: Der ganze Prozess – wie deutlich wurde: wie haben hier Material, damit können wir spielen. Und das, obwohl man erst denkt, da kann gar nichts klappen. Ich glaube, die Schüler sind während des Projekts gewachsen; sie zeigen Selbstbewusstsein und Freude.

Von anfangs sieben Schülern, 14 und 15 Jahre alt, werden am Ende nur vier auf der Bühne stehen, die an der Projektentwicklung und den Proben seit Ende Februar teilgenommen haben: Michael, Kevin, Deniz und Tamara. Jeder Probe ging eine Runde »Four Corners« voran, eine Art schnellen Ballspiels, das auch im Stück zu sehen sein wird. Es geht darum, mit dem Ball so in ein Feld zu treffen, dass der Gegner ihn nicht mehr erreichen kann. Wenn Michael in einer Szene des Stücks auf der Bühne zwischen Ballspiel und von Tamara angeleiteten Tanzschritten hin- und herpendelt, ist einen Moment lang das Glück spürbar, das es für ihn bedeutet, hier stehen zu können.

Weitere Hintergrundinfos zum Projekt finden sich außerdem auf der Website der Badischen Zeitung: Den Vorbericht kann man hier lesen, ein Interview mit Teilnehmerin Tamara ist hier abrufbar.