SCHLIMMES ENDE: EIN GESPRÄCH MIT PUPPENSPIELERIN VANESSA VALK

von | 20.11.2012

Szenenbild »Schlimmes Ende« mit Matthias Flohr und Vanessa Valk (Foto: M. Korbel)

Von 2006 bis 2011 war Puppenspielerin Vanessa Valk zusammen mit ihrer Kollegin Dorothee Metz fester Bestandteil des Ensembles am Theater Freiburg. Zu sehen waren die Beiden u.a. in »Die Familie Schroffenstein«, »Peer Gynt«, »Der Sturm« und »Sadako«. Ab dem 24. November ist Vanessa Valk wieder mit einer Puppe auf der Bühne zu sehen, nämlich im Kindermusiktheater »Schlimmes Ende« nach dem Buch von Philip Ardagh.

Vanessa Valk ist Diplom Figurenspielerin und hat in Stuttgart – neben Berlin einer der Hochschulen mit dem Studienangebot der Puppenspielkunst – ihren Abschluss gemacht. Sie ist nicht nur Puppenspielerin, sie baut auch selbst Puppen. Für »Schlimmes Ende« wurde die Puppe des Hauptcharakters Eddie allerdings vom Ausstatter hergestellt. »Da ist es natürlich anfangs schwieriger mit der Puppe umzugehen«, erzählt Vanessa. »Wenn ich Puppen selbst baue, kann ich darauf achten, dass sie die passende Größe und das passende Gewicht haben, dass die Griffe gut in der Hand legen. Ich passe die Puppe genau auf mich an und lerne sie schon bei der Produktion gut kennen.« Die besondere Herausforderung ist herauszufinden, »was das Material will« – das heißt erforschen, wie die Puppe funktioniert. Dabei kann es passieren, dass die Puppe, die man mit aller Sorgfalt geplant und gebaut hat, nicht das erzählt, was sie laut Geschichte erzählen soll. Dann kann es vorkommen, dass die Puppe während der Proben noch einmal überarbeitet werden muss. Es gibt also einen lebendigen Prozess zwischen Bühne und Werkstatt.

Vanessa Valk und Annette Bieker (Foto: M. Korbel)

»Was ist die eigentliche Kunst am Puppenspielen?«, frage ich und habe damit ein großes Thema angeschnitten. Vanessa lächelt, überlegt, versucht einzugrenzen: Die Kunst des Puppenspielens als schwieriger Zwischenbereich. »Das Puppentheater liegt genau zwischen bildender und darstellender Kunst«, erklärt sie. Puppenspieler arbeiten zwar wie Schauspieler als Darsteller auf der Bühne, allerdings liegt die Rolle außerhalb des eigenen Körpers. Der Gestaltungsprozess der Rolle findet also nicht nur auf der Bühne statt, sondern schon in der Werkstatt, durch die Entscheidung, wie die Puppe aussieht, welches Material verwendet wird usw. Die große Herausforderung für einen Puppenspieler ist, hinter der Puppe und hinter der darzustellenden Rolle zu verschwinden. Deswegen kennt man Vanessa Valk auch meistens nur als schwarz gekleidete Person, die im Hintergrund agiert. Aber gerade dieses Verlagern von Bewegung und Ausdruck in die Puppe ohne selbst Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ist ein maßgeblicher Bereich der Puppenspielkunst.

Während man bei einem Schauspieler auf der Bühne nie genau weiß, was zu der privaten Person und was zur Rolle gehört, liegen die Mittel beim Puppenspiel immer offen dar: Man sieht die Person, die die Puppe über die Bühne bewegt, man ist sich stets im Klaren darüber, dass es sich um eine bloße leblose Puppe handelt, die für dieses Stück Leben eingehaucht bekommt.

Ein wichtiger Aspekt sei deshalb auch der Zuschauer, erklärt Vanessa. »Kinder haben genug Fantasie um die Puppe als gleichwertige Figur in das Stück zu integrieren. Erwachsene müssen hier erst einmal eine Anstrengung unternehmen, sie müssen sich auf die Puppe einlassen. Das verlangt mehr von ihnen als normales Schauspiel.« Dass Kinder mit abstrakten Elementen wie Puppen besser umgehen können, hat lange dazu geführt, dass Puppenspielerei eher ausschließlich ins Kindertheater eingeordnet wurde. Seit ein paar Jahren ist diese Art der Kunst aber auch immer mehr auf den großen Bühnen zu finden.

Szenenfoto »Schlimmes Ende« mit Vanessa Valk und Annette Bieker (Foto: M. Korbel)

»Das Puppenspielen ist sehr technisch«, versucht Vanessa die Schwierigkeiten von gemeinsamen Proben von Puppenspielern und Schauspielern darzustellen. Wo Schauspieler improvisieren können, müssen die Bewegungsabläufe der Puppe genauestens studiert und eingeübt werden. Das führt dazu, dass die Puppenspielerei langsamer ist und mehr Probenzeit benötigt. Ein Aspekt, den viele Regisseure, wenn sie zum ersten Mal mit Puppenspielern arbeiten, in ihrer Planung nicht beachten.

In »Schlimmes Ende« wird die Rolle des kleinen Eddie mit einer Puppe besetzt. Das hat zunächst einen rein praktischen Vorteil, denn Kinderrollen sind normalerweise recht schwierig mit Erwachsenen zu besetzen. Aber auch andere Vorteile ergeben sich: So sind Puppen in der Lage, abstraktere Elemente ins Stück zu bringen und Szenen umzusetzen, die für Menschen unmöglich sind. Vanessa verweist dabei auf eine Szene, in der Eddie in Zeitlupe aus der Kutsche geschleudert wird und sich dabei im letzten Moment festhalten kann um waagrecht hinter der Kutsche zu hängen.

Schlimmes Ende
Theatermusikalische Reise
von Annette Bieker nach Philip Ardagh, Musik von Hauke Berheide (8+)
Regie: Frank Schulz / Bühne & Kostüme: Jan Kocman / Mit: Annette Bieker, Matthias Flohr, Norbert Kleinschmidt, Vanessa Valk, Jörn Wegmann / Eine Kooperation mit dem Theater Kontra-Punkt
Premiere Sa. 24.11.12, 16 Uhr, Werkraum / Weitere Vorstellungen: So. 25.11.12, 16 Uhr / Fr. 7.12.12, 10 & 12 Uhr / Sa. 8.12.12, 18 Uhr / So. 9.12.12, 11 Uhr / Sa. 15.12.12, 16 Uhr / So. 16.12.12. 16 Uhr / So. 6.1.13, 18 Uhr / So. 13.1.13, 18 Uhr / So. 20.1.13, 18 Uhr

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