JUNGES THEATER 2013/14 (1): VON WO WIR KOMMEN

von | 08.05.2013

Am 16. Mai 2013 erscheint die neue Jahresvorschau »Junges Theater Freiburg Spielzeit 13/14«. Im Intro des Heftes unterhält sich das Künstlerische Leitungsteam – Michael Kaiser, Thalia Kellmeyer und Graham Smith – über die Anfänge des Jungen Theaters (Teil 1), über Hintergründe und Konzepte (Teil 2) sowie die Pläne im vor uns liegenden Theaterjahr (Teil 3).

Teil 1: Von wo wir kommen

Michael: Als ich vor sieben Jahren die Arbeit in Freiburg begonnen habe, war die Frage, was dieses Haus für Kinder und Jugendliche sein könnte, ein wichtiger Bestandteil unserer Recherchen zum »Stadttheater der Zukunft«. Das klassische Modell, in dem theaterpädagogische Abteilungen vor allem vermittelnd gedacht sind, schien uns in einer gesellschaftlichen Realität, die komplexer und kulturell vielfältiger geworden ist, nicht mehr auszureichen. Deshalb versuchen wir seit 2006, das Theater und seinen Sende-Betrieb um den Modus des Empfangens zu erweitern. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt darin, junge Menschen aktiv an unserer Arbeit teilhaben zu lassen und dabei von ihnen zu lernen. Wir betrachten die Kinder- und Jugendarbeit nicht mehr als Vermittlungsabteilung, sondern als eine produzierende Sparte, die gleichberechtigt mit allen anderen Sparten agiert.

Thalia: An den Start hier am Theater Freiburg und den damit verbundenen Aufbruch in die Stadt kann ich mich noch gut erinnern. Es entstanden erste Projekte mit Jugendlichen und Erwachsenen, und das war damals sehr außergewöhnlich. Zu diesem Zeitpunkt gab es ja noch keine Bürgerbühnen, und das Theater Freiburg machte sich auf zu neuen Wegen – in die Stadt hinein.
Auch ich habe 2006 am Theater Freiburg begonnen. Fürs Musiktheater entflammt, assistierte ich und ging dann später zum Inszenieren über. Dabei habe ich hier am eigenen Haus vor allem Familienstücke inszeniert. In den letzten Jahren waren das »Pünktchen und Anton«, »Die kleine Hexe«, »Rotkäppchen« oder Humperdincks »Hänsel und Gretel«.

Graham: In den sieben Jahren, die ich hier am Theater Freiburg arbeite, hat sich meine Sicht auf Kunst und ihre Rolle in der Gesellschaft verändert. Von Anfang an war ich interessiert an Projekten mit Laiendarstellern, an Performances im Stadtraum und an der Rolle des Tanzes in der (inter)kulturellen Bildung. Zum besseren Verständnis der Stadt, in der wir arbeiten, und für die Menschen, mit denen wir leben, haben wir die Rolle von Gonzo-Journalisten in einem künstlerischen Sinn eingenommen. Deshalb sind wir nach Haslach gegangen. Dort fanden wir einen vielfältigen, jedoch insularen Stadtteil vor, in dem aktuell ein großer Wandlungsprozess stattfindet.

Michael: Wenn du tatsächlich etwas über die Lebensrealität der Menschen einer Stadt herausfinden willst und darüber, was sie wirklich umtreibt, musst du dich einfach bewegen. All das erfahren wir nicht vom Mutterschiff Theater aus, das unbeweglich im Zentrum der Stadt vor Anker liegt. Deshalb haben wir ja auch 2006 den »Orbit« gebaut und ihn zu Beginn unserer Arbeit als Themen-Suchmaschine im Stadtraum auf Reisen geschickt. Als Gegenstück im Theater haben wir den Werkraum als Labor, als einen offenen Arbeitsraum für Jugendliche konzipiert.

Graham: Und mit der Außenstation Finkenschlag in Haslach wurde die Grenze zwischen Kunst, Politik, Ethnologie, Soziologie und dem prallen Leben aufgelöst. Themen wie Bildung, Familie, Arbeit und Tod haben echte Dringlichkeit und Authentizität außerhalb von Theaterbühnen. Im Zeitalter der Post-Postmoderne muss das Theater sich an das Leben, das es umgibt, andocken.
Shakespeare sagte: »Die ganze Welt ist eine Bühne.« Ich würde hinzufügen: »Und wir haben eine aktive Rolle zu spielen.«

Seit 2006 ist Michael Kaiser für die Kinder- und Jugendarbeit am Theater Freiburg zuständig. Die Aktivitäten in diesem Bereich fassen wir seit vier Jahren unter dem Begriff »Junges Theater« zusammen. Seit 2008 gibt es eine eigene Abteilung für den Bereich Junges Theater / Oper und Konzert. Sie wird seit 2012 von Thalia Kellmeyer geleitet, die ebenfalls seit 2006 am Haus tätig ist. Graham Smith prägt seit 2006 als Tänzer und Choreograf den Tanz am Theater Freiburg. Seit 2012 verantwortet er im Jungen Theater diesen Bereich.

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