GEISTER SCHÜTTELN – OPEN PRACTICE

von | 30.10.2014

3mal SoLD: Originals, Gold, Jerusalem

Ich radele nach unserer intensiven Performance »Geister schütteln« nachhause. In mir ist noch soviel Bewegung, Tanz und Begegnung. Ich fühle den Rhythmus der Welt.
Ich stehe an der Ampel und warte auf grün. Rechts von mir zwei junge Frauen mit Hund, gegenüber ein junger Mann, die Straßenbahn, die aus der Gegenrichtung auf uns zukommt. Ich warte auf einen Einsatz, suche nach Impulsen in Kontakt zu kommen und für kurze Zeit einen gemeinsamen Rhythmus zu finden um dann wieder die eigenen Wege weiter zu gehen. Mein Fahrradlicht tanzt mit den Sternen, alles ist eins und ich bin völlig geflasht.

Ich sehe, dass die SoLD-Originals viel in Körperkontakt sind, so frei und ungezwungen, es ist natürlich in Nähe zu sein und sich wieder loszulassen. Und ich merke, dass auch bei uns Goldies eine vertrautere Körperlichkeit beginnt. Ich spüre, wie uns der Tanz miteinander verwebt und Kontakt auf einer tieferen Ebene schafft. Und Graham sagt es im Publikumsgespräch: Wir tanzen, um zusammen zu sein.

Performance »Geister schütteln«

Mein Körper vibriert noch, während ich dies schreibe. Die Welt so viel facettenreicher wahrzunehmen, entsteht durch die Präsenz, die der Performance geschuldet ist. Der Kontakt fordert, so viel wie möglich (für) wahr zu nehmen im Außen und im Innen – denn nur dann kann er sich aufbauen und gestalten. Ohne Gegenwärtigkeit kein Kontakt. Wo zieht es mich hin, wo möchte ich mich verbinden, was habe ich zu sagen? Folgt mir jemand, der meine Sprache spricht oder versucht mich zu verstehen? Oder bin ich nicht deutlich genug und niemand folgt meiner Einladung. Damit zu sein, ist lernen über mich. Oder wem möchte ich gerne folgen? Welche Bewegung ruft mich? Wie entsteht echter Kontakt und Tiefe in der Begegnung und an welchem Punkt bricht beides wieder auseinander? Wie schön, dass ich mit Menschen, die ich noch nie zuvor gesehen habe, im Tanz erleben und gestalten kann. Wenn ich mich traue mich zu geben, mit dem was gerade ist, dann ist so viel möglich. Grenzen von Sprache und Ländern und Geschichte lösen sich auf und entstehen neu und lösen sich auf und sind irgendwann keine Grenzen mehr, sondern Verbindung.

Performance »Geister schütteln«

Ich bin gespannt, ob ich diese intensive Aufmerksamkeit bewahren kann in meinem Alltag. Ich möchte den inneren Raum, den mir der Tanz eröffnet, hüten wie ein Schatzkästlein. Das ist Life and Dance, die Tanzerfahrungen fließen in mein Leben und mein Leben fließt in den Tanz.

Ich bin gerade vollkommen zufrieden.

(Katja Stepputat / SoLD)